Pflegefall




Je älter man wird, desto mehr muss man sich pflegen.
(Gustave Flaubert, 12. Dezember 1821 - 8. Mai 1880, französischer Schriftsteller)




Es ist von elementarer Bedeutung, sich zu pflegen, damit die Eigenständigkeit, die Lebensqualität und die Menschenwürde erhalten bleiben und das so lange wie möglich, und zwar ohne, das eigene Vermögenswerte und unter Umständen sogar die eigene Immobilie dafür eingesetzt werden müssen.



Zur Pflegesituation in Deutschland

Viele unterschätzen das Risiko, zum Pflegefall zu werden oder verdrängen es sogar. Es kann jedoch jeden treffen – plötzlich und unerwartet – durch einen Unfall oder eine Krankheit.

Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko, ein Pflegefall zu werden, erheblich an. Doch viele junge Menschen sind bereits pflegebedürftig. Das zeigen die Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums.



Anzahl der Pflegebedürftigen nach Alter

Wie in der Deutschen Rentenversicherung besteht ebenso in der gesetzlichen Pflegeversicherung das Problem, dass es immer mehr Leistungsempfänger und immer weniger Beitragszahler gibt, Tendenz steigend. Zudem mangelt es bereits heute an Pflegepersonal.

"Leistungsempfänger soziale Pflegeversicherung. Pflegefälle nach Alter" (Stand 31.12.2017); Quelle: Bundesministerium für Gesundheit

 

 

 

Entwicklung der Pflegebedürftigen

 

Die Veränderung der Gesellschaft schreitet weiter voran. Im Jahr 2050 stehen über 4 Millionen ältere Menschen einer weiterhin deutlich sinkenden Anzahl von Jüngeren gegenüber.

"Ehemalige Prognose zur Entwicklung der Pflegebedürftigen (in Mio.)", Statistisches Bundesamt - Prognose aus dem Jahr 2015

Aktuelle Anzahl Pflegebedürftige 3,3 Mio. (Stand 31.12.2017) Quelle: Bundesministerium für Gesundheit

 

 

 

Gesetzlicher Schutz im Pflegefall

 

Es besteht eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen oder privaten Pflegepflichtversicherung. Das bedeutet: Jeder ist in der Regel dort pflegeversichert, wo er krankenversichert ist.

 

 

 

Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung 2023

Quelle: www.krankenkassen-direkt.de

 

 

 

Begriffserläuterungen in der gesetzlichen Pflegeversicherung

 

 

Pflegegeld

  • Die Pflege wird im ambulanten Bereich -also zu Hause von Familienangehörigen oder Laien ausgeführt.
  • Der Pflegebedürftige erhält nach dem vorliegenden Pflegegrad das entsprechende Pflegegeld. (Siehe Tabelle: Pflege durch Angehörige / Bekannte)

 

Sachleistungen

  • Wird die Pflege im ambulanten Bereich bzw. im stationären Bereich von professionellen Pflegediensten ausgeführt spricht man von Sachleistungen.
  • Der Pflegebedürftige erhält nach dem vorliegenden Pflegegrad das entsprechende Pflegegeld. (Siehe Tabelle: Pflege durch ambulanten Dienst / Vollstationäre Pflege)

 

Entscheidend für die Höhe der Leistungen ist die Art der Pflege und der vorliegende Pflegegrad, welcher durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung festgestellt wird.


 

 

Pflegevertretung und Kurzzeitpflege

 

Es kommt vor, dass eine private Pflegeperson ausfällt. Zum Beispiel wegen Krankheit oder Urlaub. In diesem Fall gibt es zwei Möglichkeiten:

 

Die Verhinderungspflege
Eine andere Person oder ein ambulanter Pflegedienst übernimmt für einige Zeit die Pflege zu Hause. Als Gesamtbudget zusammen mit der Kurzeitpflege in einem Heim maximal 3.300 Euro pro Kalenderjahr.

 

Die Kurzzeitpflege in einem Pflegeheim
Als Gesamtbudget zusammen mit der Verhinderungspflege maximal 3.300 Euro pro Kalenderjahr.

 

 

 

Pflegegrade

 

Grundsätzlich kann Pflegebedürftigkeit im Sinne des Gesetzes in allen Lebensabschnitten auftreten. Nach der Definition des Gesetzes sind damit Personen erfasst, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Das sind Personen, die körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer – voraussichtlich für mindestens sechs Monate – und mit mindestens der in § 15 SGB XI festgelegten Schwere bestehen.

Fünf Pflegegrade ermöglichen es, Art und Schwere der jeweiligen Beeinträchtigungen unabhängig davon, ob diese körperlich, geistig oder psychisch bedingt sind, zu erfassen. Die Pflegegrade und damit auch der Umfang der Leistungen der Pflegeversicherung orientieren sich an der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person.

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit

Quelle: Münchener Verein

 

 

 

Wer entscheidet über die Pflegeleistungen?

 

Ob und in welchem Umfang eine Pflegebedürftigkeit vorliegt, entscheidet sich bei gesetzlich Versicherten aufgrund der Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Bei Privaten Krankenversicherungen übernimmt dies die Medicproof GmbH (Gesellschaft für medizinische Gutachten). Die Begutachtung erfolgt nach einheitlichen Richtlinien.

 

 

 

Wo wird das Pflegegeld beantragt?

 

Die zuständige Pflegekasse (befindet sich bei der Krankenkasse, wo die pflegebedürftige Person versichert ist) ist die Anlaufstelle für die Beantragung des Pflegegelds. Der Betroffene selbst oder eine von ihm schriftlich bevollmächtigte Person nimmt die Beantragung vor. Ein formloser Antrag, ein Anruf oder ein kurzes Anschreiben genügen. Wichtig ist eine unverzügliche Beantragung der Unterstützung, da Pflegegeld nicht rückwirkend gewährt wird.

 

 

 

Wie hoch ist der Eigenanteil an den Pflegekosten nach Abzug der gesetzlichen Leistung?


Quelle: Münchener Verein

 

Quelle: Münchener Verein

 

Quelle: Münchener Verein

 

 

 

Finanzierung der Pflege

 

 

Wer zahlt im Pflegefall?

 

Wenn nach Abzug der Leistung durch die gesetzliche Pflegepflichtversicherung nicht genügend Einkommen vorhanden ist, muss das eigene, gesamt verwertbare Vermögen (mit Ausnahme des Schonvermögens, wie z. B. kleinere Barbeträge) verbraucht werden.

 

 

Was zählt zum Vermögen des Pflegebedürftigen?

 

Zum eigenen Vermögen zählen beispielsweise gesetzliche Rente, private Rente/Renten, betriebliche Altersvorsorge, Sparguthaben, Wertpapiere, Mieteinnahmen, eine Eigentumswohnung und das eigene Haus.


 

Erspartes verbrauchen

 

Grundsätzlich muss das eigene Vermögen die Kosten im Pflegefall finanzieren. Eine Rücklage für Notfälle in Höhe von 5.000 € in bar (Ehepaare 10.000 €) darf der Pflegebedürftige jedoch behalten. Zudem gilt ein Betrag von bis zu 25.000 €, den die pflegebedürftige Person während des Erwerbslebens zur Alterssicherung angespart hat, als unantastbar.

 

 

Immobilien verkaufen

 

Grundsätzlich zählen Immobilien zu verwertbaren Vermögensgegenständen und müssen verkauft werden. Eine Ausnahme gibt es, wenn der Ehegatte oder andere Angehörige noch in der Immobilie leben und die Größe für die Anzahl der Bewohner angemessen ist.

 

 

Erbe weg

 

Die durchschnittliche Pflegedauer beträgt 6,7 Jahre. Eine 6stellige Summe, die SELBST zu zahlen ist, ist schnell erreicht.

 

 

Elternunterhalt - müssen Kinder zahlen?

 

Nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind Angehörige eines Pflegebedürftigen nach § 1601 zu Unterhaltsleistungen verpflichtet. Das gilt für Verwandte in gerader Linie, also Ehepartner und Kinder. Stiefkinder und Enkel sind in der Regel nicht zu Zahlungen verpflichtet. Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz, das zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist, verbesserte der Gesetzgeber die Situation von zum Unterhalt verpflichteter Kinder und Eltern. So müssen z. B. unterhaltspflichtige Kinder erst ab einem Bruttoeinkommen von 100.000 € für die Pflegekosten ihrer Eltern aufkommen.

 

Mit einer kleinen Rente und ohne nennenswerte Vermögenswerte, sind hohe Pflegekosten nicht zu bezahlen. In diesen Fällen springt der Staat mit der „Hilfe zur Pflege ein“. Das Sozialgesetzbuch regelt die Sozialhilfe in Buch XII. Demnach übernimmt das Sozialamt die Pflegekosten in bestimmten Fällen:


  • wenn der Berechtigte keinen Anspruch auf gesetzliche Pflegeleistungen hat
  • wenn die gesetzlichen Leistungen nicht ausreichen, stockt der Sozialhilfeträger die Leistungen auf
  • wenn Kostenübernahmen durch andere Träger wie die Unfallversicherung oder die Pflegeversicherung ausgeschlossen sind 
  • wenn zum Unterhalt verpflichtete Angehörige nicht in Anspruch genommen werden können


Das Sozialamt übernimmt die Kosten bedarfsdeckend, also in voller Höhe. 

 


Share by: